Panoramafotografie – Warum & Wie

Eine kleine Einführung

Jeder Fotograf wird das Problem kennen: Trotz eines Weitwinkels (zb. 24mm Brennweite oder kleiner) passt ein Landschaftsmonument wie die Caldera de Taburiente einfach nicht komplett auf das Bild. Was nun? Noch kleinere Brennweiten führen schnell zu Verzerrungen im Vordergrund, stürzenden Linien an Gebäuden und wirken dadurch unnatürlich. Das kann nicht die Lösung sein.

Die Lösung liegt darin, die Ansicht in mehrere Bilder aufzuteilen und diese dann zu einem Bild, eben einem Panorama, zusammenzusetzen.

Was sich zunächst nach viel Arbeit anhört, wird heute vielfach automatisch von Software übernommen. Die meisten Smartphones bringen in ihrer Kamera-App eine Panoramafunktion bereits mit. Allerdings bleibt diese weit hinter den Möglichkeiten von Spiegelreflex- oder Systemkameras zurück. Vor allem, wenn das Panorama als Bild ausgedruckt hinter der Couch im Wohnzimmer hängen soll, wird es eng.

Wenn man sich intensiver mit Panoramas beschäftigt, fliegen einem schnell Begriffe wie ‚einzeilig‘, ‚mehrreihig‘, ‚Stitching‘  und ‚Nodalpunktadapter‘ um die Ohren. Keine Angst, man kann klein anfangen und zwar mit dem…

…einzeiligen Panorama.

Der Name deutet es schon an: Das Panorama besteht hier nur aus einer Zeile von Bildern, die aneinander gesetzt werden. Diesen Vorgang nennt man Stitchen (engl. für Nähen). Im Idealfall löst das eine Software. Damit das halbwegs reibungslos klappt, sollten einige Regeln beachtet werden:

Auch wenn ich mich wiederhole: Fotografieren Sie unbedingt im RAW-Format, also im Rohdaten-Format Ihrer Kamera. Hier stehen der Software die meisten Informationen, u. a. zu Kameratyp und Objektiv, zur Verfügung. Diese Informationen kann das Programm, mit dem die Bilder zum Panorama zusammengesetzt werden, benutzen, um Objektivverzerrungen herauszurechnen. Sie werden dadurch ein verzerrungsarmes Panorama erhalten.

Nehmen Sie ein weitwinkeliges Objektiv und fotografieren Sie im Hochformat. So bekommen Sie mehr Informationen aufs Bild und der Blickwinkel wirkt natürlicher. Wenn Sie nur ein Zoom-Objektiv haben, nehmen Sie die kleinste Brennweite. Wenn Sie kein Stativ zur Hand haben, versuchen Sie , Ihren Oberkörper als Ersatz zu benutzen: Halten Sie die Kamera waagerecht auf einer Höhe und drehen Sie nur Ihren Oberkörper um einen gewissen Betrag. Achten Sie darauf, dass sich die Bilder etwa um 25% überlappen, sonst weiß die Software nicht, welches Bild wohin gehört.

Versuchen Sie, schon bei der Aufnahme möglichst gleichmäßig belichtete Bilder zu bekommen. Am besten, Sie machen verschiedene Bilder und entscheiden sich dann für eine Belichtungszeit- / Blenden-Kombination. Diese stellen Sie dann an Ihrer Kamera in manuellem Modus (‚M‘ auf dem Programm-Wahlrad) fest ein. Kleinere Unterschiede lassen sich hinterher noch in der RAW-Entwicklung ausbügeln.

Adobe Lightroom bietet bereits einfache Panoramafunktionen: Markieren Sie die Bilder, die zu Ihrem Panorama gehören, klicken Sie auf die rechte Maustaste und wählen „Zusammenfügen von Fotos“ > „Panorma“ (STRG + M). Nach kurzer Zeit bekommen Sie eine erste Vorschau, die Sie mit einem Klick übernehmen können. Lightroom erzeugt dann eine neue RAW-Datei im DNG-Format, die Sie wie gewohnt entwickeln können.

Irgendwann merkt man, dass man mit einzeiligen Panoramen an Grenzen stößt. Vor allem, wenn große Blickwinkel von 120° und mehr abgebildet werden sollen. Die Panoramen wirken dann wie ein Blick durch einen Briefkastenschlitz. Spätestens jetzt schlägt die Stunde der…

…mehrzeiligen Panoramen.

Und jetzt wird es leider kompliziert. Konnten Sie einzeilige Panoramen (darf ich zu Panos abkürzen? Danke.) noch aus der Hand schießen oder ohne größere Klimmzüge von einem Stativ aus, müssen die einzelnen Zeilen der mehrzeiligen Panos exakt aufeinanderpassen, sonst können Sie sie nicht zusammenstitchen. Das bedeutet, Sie müssen die Drehungen der Kamera genau reproduzieren können. Nun kommen Sie ohne Zusatzhardware nicht weiter.

Benötigt wird ein sogenannter Nodalpunktadapter oder Pano-Kopf. Freaks dürfen jetzt auf Wikipedia suchen, was der Nodalpunkt ist – Mir reicht die einfache Erklärung, dass der Nodalpunkt der Eintrittspunkt der Lichtstrahlen in das Objektiv ist und sich bei der Pano-Fotografie im Drehzentrum befinden muss. Ist das nicht der Fall, kommt es bei Objekten im Vordergrund zu Brüchen im Bild, da sie sich bei der Drehung der Kamera gegen die Objekte im Hintergrund verschieben. Auf vielen Google-StreetView-Aufnahmen kann man diesen Effekt sehen. Mit einem Pano-Kopf lässt sich dies vermeiden. Ein Pano-Kopf besteht aus einem L-Winkel und einer zusätzlichen Kamera-Schiene, die das genaue Einstellen des Nodalpunktes erlauben. Beides wird auf eine Pano-Platte montiert, die sich genau in Waage befinden muss. Zusammengefasst wird also ein stabiles Stativ benötigt sowie ein Kugelkopf oder Dreiwege-Neiger, auf den die Pano-Platte montiert wird. Diese Platte bietet einstellbare Rasterungen, mit denen man verschiedene Drehwinkel einfach abfahren kann. Der einzustellende Winkel orientiert sich dabei an dem verwendeten Objektiv. Auf diese Pano-Platte wird nun der L-Winkel montiert und zum Schluss an diesen die Schiene mit der Kamera. Die Verbindung Kameraschiene / L-Winkel wird über eine zweite Pano-Platte hergestellt, die ebenfalls in Winkelschritten einstellbar ist.

Kompliziert? Ja, wenn man es aufschreibt. In der Praxis ist es mit ein bisschen Übung schnell erledigt (und glauben Sie mir, auch nachts im schwachen Licht einer Stirnlampe…). In diesem Video wird die Einstellung des Pano-Kopfes gut verständlich erklärt:

>> Einstellen des Nodalpunkts <<

Fertig aufgebaut und justiert haben Sie nun ein System, mit dem Sie Ihre Umgebung zeilenweise abfotografieren können. Ein Beispiel: Ich fotografiere in der Regel mit einer 24mm-Festbrennweite an einer Vollformatkamera. Für dieses Objektiv nutze ich die Zehner-Teilung der Pano-Platte, das heißt, eine volle 360°-Drehung wird in 10 Aufnahmen unterteilt. Und jetzt kommt endlich die zweite Zeile ins Spiel: Die zweite Pano-Platte wird durch den L-Winkel senkrecht zur ersten montiert und erlaubt das genaue Verschwenken der Kamera aus der Horizontalen heraus. Ein 360°-Kugelpano würde ich also in drei Zeilen aufnehmen: ein Zeile mittig, eine mit nach oben und eine mit nach unten verschwenkter Kamera, plus einiger Bilder senkrecht nach oben. Im unteren Bild, quasi dem Südpol der Kugel baue ich gerne meine Signatur ein. Durch die Rasterung der unteren Pano-Platte lassen sich die einzelnen Positionen exakt anfahren. Das ist auch wichtig, denn jetzt folgt die eigentliche Arbeit:

Das Zusammenfügen der Bilder

Hier geht es nicht mehr ohne spezialisierte Software. Ich arbeite mit PTGui (www.ptgui.com). Eine detaillierte Anleitung würde den Rahmen dieses kleinen Artikels sprengen, denn erstens ist das Programm dafür viel zu mächtig und zweitens bin ich noch längst nicht fit genug in seiner Bedienung.

In seiner einfachsten Einstellung erzeugt das Programm Panos in drei Schritten: Laden der Bilder, Ausrichten der Bilder und Erzeugen des Panos. Spannend und mitunter aufwendig ist der mittlere Schritt: Das Ausrichten oder Verknüpfen der Bilder. Hierbei sucht das Programm in den Überlappungsbereichen nach identischen Bildinhalten, an denen es Kontrollpunkte platziert. Diese Kontrollpunkte zeigen dem Programm, wohin welches Bild gehört. In einem ersten Durchgang kann man diese Kontrollpunkte automatisch ermitteln lassen. Oft ist es dann aber noch nötig, manuell Punkte hinzuzufügen. Was bei Architekturaufnahmen noch recht einfach gelingt (Fensterecke zu Fensterecke…) kann bei Landschaftsaufnahmen schon zum Geduldsspiel und bei Sternenaufnahmen zur absoluten Herausforderung werden. Vor allem bei einem Nachthimmel wie dem auf La Palma, bei dem man die Sternbilder vor lauter Sternen nicht mehr sieht.

PTGui ist es dabei egal, ob es einreihige, mehrreihige oder Kugelpanos erzeugt. Mehrreihige Panos müssen nicht zwingend ein Kugelpano ergeben, oft sind sie auch das Mittel der Wahl, wenn nicht alle Informationen, die man gerne aufnehmen möchte, in ein Bild passen. Dann fotografiert man halt statt eines Bildes sechs oder acht (2×3 bzw. 2×4) und setzt sie später am Rechner zu einem Bild zusammen.

Natürlich ist die Panoramafotografie aufwendig, vor allem in der Nachbereitung. Aber sie erweitert die fotografischen Möglichkeiten enorm, und vor allem Kugelpanoramen erzeugen schnell ein Mittendrin-Gefühl und vermitteln Räumlichkeit ganz anders, als es ein statisches Bild könnte.

Beispiele finden Sie hier.

Mehrzeiliges Panorama (2x3)
Mehrzeiliges Panorama
Mehrzeiliges Panorama (5x2)

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"Fotografieren ist finden, was sich verliert."

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